Zum Hauptinhalt springenZum Hauptmenü springenZum Seitenmenü springenZur Suche springen
weiter zur Suchseite

Antiepileptika mit Lichtschalter: ERC Starting Grant für Michael Wenzel von der Universität Bonn

Veröffentlicht am:10.01.2022
Veröffentlicht von:Svenja Ronge
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Kategorie:Wissenschaftspolitik
Wettbewerbe / Auszeichnungen
Übersicht:

Dr. Michael Wenzel von der Klinik für Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn erhält einen begehrten Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Mit der damit verbundenen Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre möchte der Neurologe neue lichtaktivierbare Medikamente mit antiepileptischer Wirkung erforschen und untersuchen, wie sie gegen schwer behandelbare Epilepsien helfen können.

Beschreibung:

Der ERC Starting Grant richtet sich an exzellente Nachwuchsforschende am Beginn einer unabhängigen Karriere. Dr. Michael Wenzel beschäftigt sich mit Epilepsien – neurologischen Erkrankungen, von denen weltweit mehr als 50 Millionen Patientinnen und Patienten betroffen sind. „Trotz einer stetig anwachsenden Zahl an antiepileptischen Medikamenten können rund 30 Prozent der Epilepsien nicht medikamentös kontrolliert werden“, sagt Wenzel. Kommen Antiepileptika zum Einsatz, haben sie häufig Nebenwirkungen, zum Beispiel auf das Herz, das Denkvermögen, die Psyche oder auf das ungeborene Kind in der Schwangerschaft. Alternativ gibt es operative Maßnahmen, die jedoch nur für einen Bruchteil der Betroffenen infrage kommen. „Eine nebenwirkungsarme, effiziente antiepileptische Therapie wäre also von enormem Wert für Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie“, betont Michael Wenzel.

Genau hier soll das neu geförderte Projekt ansetzen. Dazu nehmen Wenzel und sein Team sogenannte photoaktivierbare Wirkstoffe ins Visier. Das Besondere an dieser Art von Arzneimitteln ist, dass sie erst ihre Wirkung entfalten, wenn sie mit Licht bestrahlt werden. So könnten Ärztinnen und Ärzte sie genau an dem Ort im Körper „einschalten“, an dem sie gebraucht werden. In dem Projekt nutzen die Forschenden Substanzen mit hoher antiepileptischer Wirksamkeit aus anderen Fachbereichen, wie zum Beispiel den Stoff Propofol aus der Anästhesie. Ziel ist es, die Substanzen chemisch so zu verändern, dass sie erst durch Einwirken von Licht einer bestimmten Wellenlänge in einer umschriebenen Hirnregion aktiv werden. „Durch die lokale Lichtaktivierbarkeit kann man sich wirkungsvolle Substanzen mit unterschiedlichen Angriffspunkten aus anderen Fachbereichen in der Epileptologie zunutze machen und medikamentöse Nebenwirkungen auf den Körper minimieren“, sagt Michael Wenzel.

Wie funktioniert das Verfahren?

Benötigt wird eine biokompatible Lichtquelle im Gehirn, die zum Beispiel über Tiefenelektroden funktioniert. Ziel des ERC-Projekts ist es, zunächst in Mäusen zu testen, ob der Ansatz überhaupt funktioniert. Dazu nutzen Wenzel und sein Team neueste optische und elektrophysiologische In-vivo-Methoden. Darüber hinaus werden die Medikamente in humanen Hirnschnitten getestet – dazu erhalten die Wissenschaftler noch lebendes, chirurgisch entferntes Hirngewebe von Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie.

Ein weiterer Clou des Projekts: „Wir wollen versuchen, nicht nur Medikamente lichtaktivierbar zu machen, die epileptische Anfälle unterdrücken können, sondern auch solche, die den Krankheitsverlauf ändern könnten“, sagt Wenzel. Das funktioniert zum Beispiel durch den Eingriff in krankheitsfördernde entzündliche Prozesse. So geht das Projekt über die symptomatische Therapie der Epilepsie hinaus.

„Der Ansatz des Projekts ist von seiner grundsätzlichen Idee ähnlich zu anderen lichtbasierten Therapieansätzen, zum Beispiel der Optogenetik. Allerdings wird kein Virus benötigt, um das lichtaktivierbare Molekül an den Wirkort zu bekommen“, erklärt Michael Wenzel. Das Medikament soll vielmehr über den Kreislauf ins Gehirn gelangen. Der Vorteil: Im Verlauf kann die Therapie geändert werden, da auch ein anderes lichtaktivierbares Medikament an derselben Lichtquelle zum Einsatz kommen kann.

Fächerübergreifende Zusammenarbeit

Für das Projekt führt Michael Wenzel verschiedenste Disziplinen unter einem Dach zusammen. Beteiligt sind die Epileptologie, die neurobiologische Grundlagenforschung und die medizinische Chemie. „Auch wenn das Projekt auf einen Antragsteller ausgerichtet ist und ich gerade als Clinician Scientist das Bindeglied zwischen den Projektebenen darstelle, erfolgt die Konzeption und Synthese der erforschten Substanzen natürlich in Zusammenarbeit mit anderen, allen voran Prof. Christa Müller hier in Bonn“, sagt Michael Wenzel. Er ist Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Leben und Gesundheit“ der Universität Bonn. „Ein Einzelner kann die Expertise, die für die Umsetzung eines solchen Forschungsprojekts notwendig ist, kaum abdecken“, betont er.

Zur Person

Der Humanmediziner Michael Wenzel, geboren 1982, studierte und promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Bis 2013 absolvierte er dort auch seine klinische Weiterbildung in Neurologie. Anschließend forschte er als Postdoktorand an der Columbia University in New York an den zellulären Grundlagen epileptischer Mikronetzwerke. Seit 2019 leitet er eine Nachwuchsgruppe in der Klinik für Epileptologie in Bonn in Kooperation mit dem Institut für Experimentelle Epileptologie und Kognitionsforschung. Er ist Clinician Scientist im Hertie Network of Excellence in Clinical Neuroscience und arbeitet als Arzt in der Klinik und Poliklinik für Epileptologie des Universitätsklinikums Bonn.

wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. med. Michael Wenzel

Klinik für Epileptologie

Universitätsklinikum Bonn, Universität Bonn

Tel.: +49 228 287 14724

E-Mail: michael.wenzel@ukbonn.de