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Wissenschaftspreis für Leibniz-Molekularbiologen und Entwicklungsforscher

Veröffentlicht am:23.11.2018
Veröffentlicht von:Christoph Herbort-von Loeper M.A.
Leibniz-Gemeinschaft
Kategorie:Personalia
Übersicht:

Der Wissenschaftspreis des Stifterverbandes „Gesellschaft braucht Wissenschaft“ geht in diesem Jahr an Thomas J. Jentsch vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie sowie an Macartan Humphreys vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, ebenfalls ein Leibniz-Institut. Die Auszeichnung würdigt die Aufklärung mehrerer genetisch bedingter Krankheiten und neue Ansätze der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Der mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Preis wird am 27. November 2018 im Rahmen der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft verliehen.

Beschreibung:

Der Wissenschaftspreis „Gesellschaft braucht Wissenschaft“ wird alle zwei Jahre an Forscherinnen und Forscher vergeben, deren Arbeiten sich durch besondere gesellschaftliche Relevanz und gute Umsetzbarkeit auszeichnen. In diesem Jahr würdigt der Stifterverband auf Vorschlag der Leibniz-Gemeinschaft erneut zwei Preisträger mit unterschiedlichen Forschungsthemen: Während der Mediziner und Physiker Thomas J. Jentsch und sein Team durch ihre Forschung zu Ionenkanälen zur Aufklärung der Ursachen zahlreicher erblich bedingter Krankheiten beitragen, untersucht der Politikwissenschaftler Macartan Humphreys die Wirksamkeit entwicklungspolitischer Maßnahmen in strukturell benachteiligten Regionen.

Thomas J. Jentsch und sein Team haben mit Hilfe interdisziplinärer Ansätze neue Klassen von Ionen-Kanälen entdeckt und deren biologische Funktionen und Rollen bei verschiedenen Erkrankungen aufgeklärt. Ionenkanäle sind in den Zellmembranen eingebaute Proteine, die zentral an zahlreichen Transport- und Signalübertragungsprozessen beteiligt sind. So zeigen jüngste Untersuchungen von Jentsch und Mitarbeitern, dass ein erst kürzlich von ihnen molekular identifizierter Kanal neben Chlorid und Botenstoffen des Nervensystems auch Zytostatika durchlässt, so dass eine Herunterregulation des Kanals in Tumoren zu Therapieresistenzen bei Krebspatienten führen kann. Derselbe Ionenkanal spielt eine elementare Rolle bei der Regulierung des Zellvolumens und der Insulinausschüttung. Durch ihre Forschung zu den Mechanismen des Ionentransports konnten Jentsch und Mitarbeiter in den vergangenen Jahren nachweisen, dass Mutationen in Ionenkanalgenen eine Reihe vererbter Störungen wie Knochen- und Muskelerkrankungen, Gehörverlust oder Nierensteine verursachen. Die Erkenntnisse tragen wesentlich zur Aufklärung der Ursachen und Mechanismen seltener wie auch weit verbreiteter Krankheitsbilder wie etwa der Epilepsie bei und liefern neue Ansätze für deren Behandlung.

In seinen Feldstudien zum Thema „Innovationen zur politischen Verantwortlichkeit“ stellt der Politikwissenschaftler Macartan Humphreys etablierte Instrumente der internationalen Entwicklungszusammenarbeit – etwa finanzielle Zuwendungen zur Selbstverwaltung – auf den Prüfstand. Die Ergebnisse mehrerer Teilprojekte Humphreys‘ widerlegen den positiven Effekt gängiger Praktiken, die Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen anwenden, um politische wie soziale Ungleichheiten in strukturell benachteiligten Gegenden zu bekämpfen. Beispielhaft ist seine Untersuchung zur politischen Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern in mehreren Entwicklungs- und Schwellenländern des globalen Südens. So zeigt Humphreys unter anderem, dass eine Verbesserung der Informationslage über politische Akteure nicht zu einer Steigerung der politischen Teilhabe der Bevölkerung führt. Dieses und weitere Experimente machen die Beständigkeit struktureller Ungleichheiten deutlich und zeigen, dass sie gerade nicht durch Einzelmaßnahmen behoben werden können. Humphreys Forschung zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass sie Hilfseinrichtungen, Regierungen und politischen Entscheidungsträgern wichtige Impulse zur Veränderung der entwicklungspolitischen Praxis liefert und so die Verbesserung der Lebensbedingungen zahlreicher Menschen anstrebt.

„Die Preisträger leisten mit ihrer exzellenten Forschung auf ganz unterschiedliche Weise einen herausragenden Beitrag für die Gesellschaft“, würdigt Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes, die Arbeit der beiden Wissenschaftler. „Thomas Jentsch entwickelt mit seinen Erkenntnissen neue Ansätze vor allem in der Krebstherapie oder bei der Bekämpfung von Erbkrankheiten. Die Arbeiten von Macartan Humpfhreys sind wegweisend für die künftige internationale Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe. Wir würdigen die beiden Wissenschaftler mit dem Wissenschaftspreis des Stifterverbandes, weil sie die hohe gesellschaftliche Relevanz der Forschungsarbeiten in der Leibniz-Gemeinschaft bekräftigen.“

Leibniz-Präsident Matthias Kleiner ergänzt: „Biomedizinische Forschung, die in neue Therapieansätze mündet, und politikwissenschaftliche Feldstudien, die dazu beitragen, in einer globalisierten Welt auch in Entwicklungsländern Menschenrechte und demokratische Teilhabe zu fördern so unterschiedlich die Arbeiten unserer beiden Preisträger fachlich auch sein mögen, sie verdeutlichen doch, wie umfassend der Bedarf an wissenschaftlicher Expertise für die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen ist. Beide Preisträger verbinden wissenschaftliche Exzellenz mit einer unmittelbaren gesellschaftlichen Anwendungsperspektive und verkörpern damit auf vorbildliche Weise das wissenschaftliche Selbstverständnis der Leibniz-Gemeinschaft. Es ist genau diese Art von herausragender und zugleich hoch relevanter Forschung, die für und in die Gesellschaft wirkt.“

Die Preisträger

Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Thomas J. Jentsch, Jahrgang 1953, studierte Medizin und Physik an der Freien Universität Berlin. 1982 wurde er am Franz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft und zwei Jahre später an der FU Berlin promoviert. Nach einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt als Postdoktorand am Whitehead Institute (MIT) war Jentsch zwischen 1988 und 2006 am Zentrum für Molekulare Neurobiologie (ZMNH) in Hamburg tätig, zunächst als Forschungsgruppenleiter, später als Professor und Leiter der Abteilung „Molekulare Neuropathologie“. Von 1995 bis 1998 sowie von 2001 bis 2003 war er Direktor des ZMNH. Jentsch ist Professor an der Charité Berlin, und stellvertretender Direktor des Leibniz-Forschungsinstituts für Molekulare Pharmakologie (FMP). Dort und am benachbarten Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin der Helmholtz-Gemeinschaft in Berlin-Buch leitet er die Gruppe „Physiologie und Pathologie des Ionentransports“, die den molekularen Aufbau und die vielfältigen Funktionen von Ionenkanälen erforscht.

Prof. Macartan Humphreys, Ph.D. Jahrgang 1972, studierte Geschichte, Politik- und Wirtschafts¬wissenschaften in Dublin, Harvard und Oxford. 2003 wurde er an der Harvard Universität promoviert. Im selben Jahr nahm er eine Tätigkeit an der Columbia Universität in New York auf, an der er seit 2012 eine Professur für Politikwissenschaften innehat. Seit 2017 ist Humphreys Direktor der Abteilung „Institutionen und politische Ungleichheit“ an der Leibniz-Einrichtung Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Dort koordiniert er den Schwerpunkt „Politische Ökonomie der Entwicklung“. Seine Gruppe forscht zu wirtschaftlichen Fragen politischer Entwicklung, politischer Ungleichheit und Gewalt, Demokratie, Governance und Recht. Humphreys ist Gründungsmitglied des Netzwerkes „Evidence in Governance and Politics“ (EGAP) und war bis vor kurzem Präsident der Sektion „Experimental Research“ der American Political Science Association (APSA).

Der Preis

Der mit 50.000 Euro dotierte Wissenschaftspreis des Stifterverbandes „Gesellschaft braucht Wissenschaft“ wird auf Vorschlag der Leibniz-Gemeinschaft für hervorragende Gesamtleistungen von Forscherinnen und Forschern vergeben, die sich durch besondere gesellschaftliche Relevanz und gute Umsetzbarkeit auszeichnen. Durch die Preisvergabe sollen die Leistungen der Wissenschaft für die Allgemeinheit sichtbar werden. Preiswürdig sind Arbeiten, deren Ergebnisse die Grundlagen für praktische Umsetzungen in Wirtschaft, Politik, Gesellschaft oder Forschung bilden. Der Preis wird alle zwei Jahre im Rahmen der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft verliehen.

Mehr Informationen zum Wissenschaftspreis und zu den bisherigen Preisträgern:

Pressekontakt Institute

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)

Pressestelle

Tel.: 030 / 25491 510 oder 030 / 25491 506

Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP)

Silke Oßwald

Tel.: 030 / 94793 104

Pressekontakt Leibniz-Gemeinschaft:

Christoph Herbort-von Loeper

Tel.: 030 / 20 60 49 – 48

Mobil: 0174 / 310 81 74

Pressekontakt Stifterverband:

Peggy Groß

Tel.: 030 / 32 29 82 -530

Der Stifterverband

Im Stifterverband haben sich rund 3.000 Unternehmen, Unternehmensverbände, Stiftungen und Privatpersonen zusammengeschlossen, um Wissenschaft und Bildung gemeinsam voranzubringen. Mit Förderprogrammen, Analysen und Handlungsempfehlungen sichert der Stifterverband die Infrastruktur der Innovation: leistungsfähige Hochschulen, starke Forschungseinrichtungen und einen fruchtbaren Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert der Stifterverband jährliche eine viertel Million junger Talente. Darüber hinaus betreut er rund 670 Stiftungen mit einem Gesamtvermögen von über 3,1 Milliarden Euro.

Die Leibniz-Gemeinschaft

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 93 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen, u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.