Zum Hauptinhalt springenZum Hauptmenü springenZum Seitenmenü springenZur Suche springen
weiter zur Suchseite

Holocaust-Überlebende Henriette Kretz berichtete an der Hochschule Koblenz

Veröffentlicht am:30.10.2018
Veröffentlicht von:Dipl.-Ing. (FH) Melanie Dargel-Feils
Hochschule Koblenz - University of Applied Sciences
Kategorie:Personalia
Buntes aus der Wissenschaft
Übersicht:

Eine besondere Begegnung ermöglichte kürzlich das Institut für Forschung und Weiterbildung der Hochschule Koblenz: Henriette Kretz, geboren 1934 in Stanislawów (heutige Ukraine) und Überlebende des Holocaust, war der Einladung von Prof. Dr. Stephan Bundschuh gefolgt, an der Hochschule Koblenz aus ihrem Leben zu erzählen. Die Veranstaltung stieß auf so großes Interesse, dass sie in den größten Hörsaal verlegt werden musste. Henriette Kretz vermochte es, mit ihrer Geschichte, ihrer Präsenz und ihrem Willen zur Auseinandersetzung die Aufmerksamkeit und Anteilnahme des Publikums über zweieinhalb Stunden aufrecht zu erhalten.

Beschreibung:

Eine besondere Begegnung ermöglichte kürzlich das Institut für Forschung und Weiterbildung der Hochschule Koblenz: Henriette Kretz, geboren 1934 in Stanislawów (heutige Ukraine) und Überlebende des Holocaust, war der Einladung von Prof. Dr. Stephan Bundschuh gefolgt, an der Hochschule Koblenz aus ihrem Leben zu erzählen. Die Veranstaltung stieß auf so großes Interesse, dass sie in den größten Hörsaal verlegt werden musste. Henriette Kretz vermochte es, mit ihrer Geschichte, ihrer Präsenz und ihrem Willen zur Auseinandersetzung die Aufmerksamkeit und Anteilnahme des Publikums über zweieinhalb Stunden aufrecht zu erhalten.

Henriette Kretz lebt heute in Antwerpen, sie ist Mitglied des polnischen Vereins „Kinder des Holocaust“ und reist regelmäßig zu Veranstaltungen in Schulen oder Hochschulen, um sich aktiv an der Erinnerung und Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus zu beteiligen. Als Zeitzeugin erlebte die in Polen geborene Tochter eines Arztes und einer Rechtsanwältin den NS-Terror aus kindlicher Perspektive – zunächst mit Neugier, diffuser Angst, Unglauben und dann einem mit den Jahren, später Wochen zunehmend schnelleren Begreifen der tödlichen Gefahr. Bis zu einem Alter von fünf Jahren beschreibt sie ihre Kindheit als „in Ordnung, unbeschwert“, es wurden ihr alle Wünsche erfüllt.

Bald folgte die Flucht ins vermeintlich sichere, sowjetisch besetzte Lemberg. Im Sommer 1941 besetzten die Deutschen auch Lemberg, die Familie wurde in ein Ghetto umgesiedelt. Henriette selbst wurde einige Zeit bei einer anderen Familie versteckt, jedoch entdeckt, in ein Gefängnis gesperrt und vermutlich freigekauft – sie kehrte zurück zu ihren Eltern. Mit diesen versteckte sie sich im Winter 1942/43 in einem stockfinsteren Kohlenkeller. Im Frühjahr 1943 spürten die Deutschen die Familie auf, sie erschossen Henriettes Eltern vor ihren Augen auf offener Straße, nachdem der Vater Widerstand geleistet hatte. Henriette konnte fliehen und schlug sich alleine zu einem Waisenhaus der Franziskanerinnen durch. Eine Nonne ermöglichte ihr und elf weiteren jüdischen sowie zwei Sinti- und Roma-Kindern das Überleben.

Nach Kriegsende lebte von Henriettes großer Familie nur noch ein Onkel, der bei der russischen Armee war. Durch einige Zufälle konnte er sie ausfindig machen und nahm sie bei sich auf. Mit der Absicht auszuwandern kamen beide nach Antwerpen, wo sie blieben und sich ein normales Leben aufbauten.

Im Anschluss an die Erzählung ihrer Geschichte entspann sich eine Diskussion, die Henriette Kretz zunächst ganz unaufgeregt führte, die aber schnell zu einem bewegenden Austausch über ihr Leben wurde. Sie beeindruckte die Zuhörer*innen mit ihrem Humor, ihrer Feinsinnigkeit und ihrem positiven Lebenswillen. Sie gab dem Publikum die Möglichkeit, Henriette Kretz nicht nur als das Kind im NS-Terror, sondern als gesamte Person in ihrer Entwicklung mit der biografischen Erfahrung des Holocaust zu erleben. Persönlich habe sie die Worte Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung aus ihrem Denken vertrieben, da diese der Menschheit nie etwas Gutes gebracht hätten. Sie endete mit einem Appell an die Anwesenden, die Demokratie weiterzutragen, sich nicht auf den „guten alten Zeiten“ auszuruhen, die es so nie gegeben habe. Die Unvollkommenheit unserer Demokratie sieht sie nicht als Grund, diese völlig zu verwerfen, sondern sie im menschenfreundlichen Sinne besser zu gestalten.

Weitere Informationen: