Veröffentlicht am: | 06.10.2015 |
Veröffentlicht von: | Susanne Heinke Bonn International Center for Conversion (BICC) |
Kategorie: | Forschungsergebnisse |
Übersicht:
Katja Mielke und Conrad Schetter, Wissenschaftler am BICC, fordern in ihrem Kommentar "Der Fall Kundus: Ein Plädoyer für eine kritische Bestandsaufnahme statt militärischem Aktionismus" eine kritische Aufarbeitung des Bundeswehr-Einsatzes dort: „Die Frage ist nicht, ob man mehr Militär nach Afghanistan schicken sollte oder nicht, sondern vielmehr, was bislang versäumt wurde.“
Beschreibung:
So sei die Bundeswehr in Kundus zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, ihren Auftrag, ein sicheres Umfeld für den Wiederaufbau zu schaffen, umzusetzen. „Beim Abzug der Bundeswehr war nahezu die gesamte Provinz unter rivalisierenden, bis an die Zähne bewaffneten Kommandeuren aufgeteilt. Die Sicherheit in Kunduz – wohlgemerkt die der Bevölkerung, nicht ihre eigene – hatte die Bundeswehr bereits vor Jahren aufgegeben“, schätzen Mielke und Schetter ein.
Die Politik habe sich bei ihrer Einschätzung der Lage vor Ort simpler Feindbilder bedient: „Zu schnell wurde alle unzufriedenen oder aufmüpfigen Paschtunen als Taliban kategorisiert; blind ließ man sich in die lokale Politik hineinziehen – ohne zu merken, dass die Bundeswehr, aber auch Organisationen der Entwicklungshilfe in ihrer alltäglichen Praxis politisch Partei ergriffen.“ Die Frage, ob die Partnerwahl vor Ort immer die richtige war, sei niemals gestellt worden. Auch die Bedürfnisse der Afghaninnen und Afghanen seien nicht richtig erfasst worden: „Die Definition der Bedürfnisse und Strategien zu deren Realisierung wurde in kolonialer Manier durch die Interventen vorgenommen“, so Mielke und Schetter.
Sie plädieren für eine externe Analyse dessen, was eigentlich in gut zehn Jahren deutschem Engagement in Kundus gelaufen ist, um aus den gemachten Fehlern für zukünftiges Handeln zu lernen: „Dabei geht es dann auch darum, schonungslos Probleme, Ignoranz, Versagen und Fehleinschätzungen aufzuarbeiten.“