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Leibniz-Promotionspreise gehen nach Hamburg, Rostock und Potsdam

Veröffentlicht am:28.11.2024
Veröffentlicht von:Christoph Herbort-von Loeper M.A.
Leibniz-Gemeinschaft
Kategorie:Wettbewerbe / Auszeichnungen
Übersicht:

Die ausgezeichneten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen zu internationalen Sanktionen, chemischen Prozessen in der Medikamentenentwicklung und zu den wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels.

Beschreibung:

Die diesjährigen Leibniz-Promotionspreise gehen in der Kategorie Geistes- und Sozialwissenschaften an die Politikwissenschaftlerin Hana Attia vom Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg, in der Kategorie Natur- und Technikwissenschaften werden die Chemikerin Sara Kopf vom Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock sowie der Klimawissenschaftler Maximilian Kotz vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ausgezeichnet.

Dr. rer. pol. Hana Attia (30) vom Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) hat in ihrer kumulativen Dissertation „Biased Coercion: The Imposition, Management, and Termination of US Sanctions“ (Voreingenommener Zwang: Verhängung, Management und Aufhebung von US-Sanktionen) das außenpolitische Instrument internationaler Sanktionen untersucht. Hana Attia beleuchtet in der, an der Universität Konstanz vorgelegten Arbeit die nationalen und internationalen Bedingungen, unter denen US-Präsidenten Sanktionen verhängen, sie verwalten und schließlich aufheben oder nicht.

Bei der Untersuchung der ersten Phase eines Sanktions-Lebenszyklus, die Verhängung, konnte Hana Attia zeigen, dass Sanktionen für Staatschefs ein attraktives Instrument sind, um auf externe Krisen scheinbar machtvoll und führungsstark zu reagieren und gleichzeitig von innenpolitischen Problemen wie etwa einer hohen Arbeitslosigkeit und einer starken Opposition abzulenken. Außerdem entscheiden sie sich dabei meist für Maßnahmen, die in erster Linie dem Zielland schaden, aber die US-Wirtschaft wenig bis gar nicht negativ beeinflussen, wenn sie auf innenpolitisch motivierte Sanktionen zurückgreifen.

Dieser Logik folgt auch die Phase der Durchsetzung von Sanktionsmaßnahmen. Hier zeigt sich, dass die Staats- und Regierungschefs der sanktionierenden Staaten eher zögerlich sind, Zwangsmaßnahmen gegen Verbündete und mächtige Länder durchzusetzen, da sie den Schaden für ihre bilateralen Beziehungen mit dem Zielland so gering wie möglich halten wollen. Ein derart voreingenommener Prozess ermöglicht es allerdings den beispielsweise wegen Menschenrechtsverstößen sanktionierten Ländern, die Glaubwürdigkeit solcher Menschenrechtskampagnen in Frage zu stellen.

Schließlich zeigt sich, dass das Aufheben von Sanktionen viel schwieriger ist, als sie zu verhängen. Die Tatsache, dass weniger als die Hälfte der aufgehobenen Sanktionen deswegen beendet werden, weil sie ihr Ziel erreicht haben, zeigt, dass auch hier weitere Aspekte eine Rolle spielen. Hana Attia belegt, dass hier ebenfalls innenpolitische Bedingungen die Entscheidungen über die Aufhebung von Sanktionen beeinflussen, nämlich dass Präsidenten mit stärkerer Parteimacht im Kongress und höheren Zustimmungswerten häufiger auch im Kern nicht erfolgreiche Sanktionen beenden.

Abschließend konstatiert Hana Attia, dass bereits beim Verhängen von Sanktionen die Ausstiegsstrategien mit bedacht werden sollten. Denn: Nur wenn glaubhaft ist, dass Sanktionen auch wieder beendet werden können, haben die sanktionierten Länder einen Anreiz, sich entsprechend zu verhalten. Ohne eine realistische Ausstiegsoption würden die Sanktionen zu Zwangsmaßnahmen zum Selbstzweck.

Hana Attia stammt aus Ägypten und studierte Politikwissenschaften bis zum Masterabschluss an der Universität Mannheim. Von 2018 bis 2023 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am GIGA Institut für Afrika-Studien in zwei DFG-Projekten tätig, darunter „The Termination of International Sanctions: Causes, Processes and Domestic Consequences“. Seit 2023 ist Hana Attia als Postdoc an der Paris Lodron Universität Salzburg tätig.

Publikationen (Auswahl):

- Attia, Hana. 2023. “Divert When It Does Not Hurt: The initiation of economic sanctions by US presidents from 1989 to 2015” Review of International Economics OnlineFirst: 1–23. .

- Attia, Hana, and Julia Grauvogel. 2023. “Monitoring the monitor? Selective responses to human rights transgressions.” International Studies Quarterly 67(2): sqad014. .

- Attia, Hana and Julia Grauvogel. 2022. “International Sanctions Termination, 1990-2018: Introducing the IST Dataset” Journal of Peace Research OnlineFirst: 1–11. .

Dr. rer. nat. Sara Kopf (29) wird für ihre Dissertation „Development of Hydrogen Isotope Exchange Methodologies for the Deuteration of Aromatic Substrates“ (Entwicklung von Methoden zum Wasserstoffisotopenaustausch für die Deuterierung aromatischer Substrate), die am Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) entstanden ist, mit dem Leibniz-Promotionspreis 2024 in der Kategorie Natur- und Technikwissenschaften ausgezeichnet. In ihrer Arbeit beschäftigte sie sich mit der Entwicklung und Anwendung von neuen, kostengünstigen Methoden für den Wasserstoffisotopenaustausch. Insbesondere geht es dabei um die Deuterierung von chemischen Verbindungen. Diese Methoden tragen dazu bei, Wirkstoffe stabiler und langlebiger zu machen, indem sie vom Stoffwechsel langsamer abgebaut werden. Dies ist besonders für die Pharmaforschung interessant.

Die Deuterierung bezeichnet den Vorgang, bei dem Wasserstoffatome in Molekülen, etwa in Medikamenten, durch Deuterium ersetzt werden – ein schweres Isotop des Wasserstoffs. Durch den schweren Atomkern reagiert Deuterium langsamer, was die Stabilität und Haltbarkeit der Wirkstoffe im Körper erhöht. Dadurch hat der Wirkstoff länger Zeit, um seine heilende Wirkung im Körper zu entfalten, ehe er vom Stoffwechsel zersetzt wird.

Dafür hat Sara Kopf neue Methoden und Katalysatoren entwickelt, die es erlauben, Isotopenmarkierungen schneller und selektiver durchzuführen und Wirkstoffentwicklungsprozesse voranzutreiben. Dafür werden umweltfreundliche und reichlich vorhandene Metalle oder sogar metallfreie Katalysatoren verwendet. Die Ergebnisse der in nur 2,5 Jahren abgeschlossenen Dissertation bringen neue Verfahren hervor, die es ermöglichen, Medikamente künftig in geringeren Dosierungen einzusetzen, was das Risiko von Nebenwirkungen reduziert und die Behandlung für Patienten verbessert.

Sara Kopf studierte in Heidelberg Chemie und besuchte während des Masterstudiums die University of Cambridge. Die anschließende Promotion erfolgte an der Universität Rostock und am Leibniz-Institut für Katalyse. Nach ihrer Promotion arbeitet Sara Kopf als Principal Scientist in der medizinischen Chemie bei Boehringer Ingelheim in Wien.

Publikationen (Auswahl):

- Sara Kopf, Jiali Liu, Robert Franke, Haijun Jiao, Helfried Neumann, and Matthias Beller, “Base-Mediated Remote Deuteration of N-Heteroarenes – Broad Scope and Mechanism”, Eur. J. Org. Chem. 2022, e202200204. Very Important Paper. Front cover Eur. J. Org. Chem. 19/2022.

- Sara Kopf, Helfried Neumann, and Matthias Beller, “Manganese-Catalyzed Selective C–H Activation and Deuteration by Means of a Catalytic Transient Directing Group Strategy” Chem. Commun. 2021, 57, 1137–1140.

- Sara Kopf, Fei Ye, Helfried Neumann, and Matthias Beller, “Ruthenium-Catalyzed Deuteration of Aromatic Carbonyl Compounds with a Catalytic Transient Directing Group” Chem. Eur. J. 2021, 27, 9768–9773. Very Important Paper. Front cover Chem. Eur. J. 38/2021.

Dr. rer. nat. Maximilian Kotz (28) vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erhält den Leibniz-Promotionspreis 2024 in der Kategorie Natur- und Technikwissenschaften für seine Arbeit „The economic costs of climate change: accounting for the changing variability and extremes of temperature and precipitation“ (Die wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels: Berücksichtigung der sich verändernden Variabilität und Extremereignisse von Temperatur und Niederschlag). In seiner Dissertation untersuchte er, wie die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels, insbesondere steigende Temperaturen, größere Schwankungen und häufigere Extremwetterereignisse wie Starkregen, die globale Wirtschaft beeinflussen.

So untersuchte Maximilian Kotz zunächst vergangene und zukünftige Veränderungen der Temperatur- und Niederschlagsverteilung, die durch den Klimawandel stetig variieren. Anders als bei bisherigen Studien bezog seine Arbeit nicht nur die Mittelwerte, sondern auch Varianzen und Ränder der Klimadaten ein. Die Daten für zukünftige Klimaänderungen basieren auf dem Klimamodellensemble CMIP-6. Die Ergebnisse zeigen, dass die aktuellen Klimamodelle die Intensivierung von Niederschlagsextremen bisher unterschätzen könnten. Außerdem analysierte er die wirtschaftlichen Folgen von Klimaveränderungen in über 1.500 Regionen der Welt. Er entwickelte dafür Methoden, um die Effekte präzise berechnen zu können und fand heraus, dass sich die Folgen von Klimaveränderungen erheblich auf das Wirtschaftswachstum auswirken und sich schon in den nächsten Jahrzehnten deutlich zeigen werden.

Abschließend zeigt die Dissertation auf, dass selbst bei einer drastischen Senkung der CO2-Emissionen ab heute bis 2050 die Weltwirtschaft mit Einkommenseinbußen von 19 Prozent rechnen müsste. Im Vergleich dazu wäre eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad mit etwa sechsmal geringeren Kosten verbunden. Darüber hinaus zeigt die Arbeit eine hohe soziale Relevanz und macht deutlich, dass die Schäden des Klimawandels im globalen Süden am größten sein werden – also in den Regionen, die in der Vergangenheit am wenigsten zu den globalen Emissionen beigetragen haben.

Maximilian Kotz stammt aus England und studierte Theoretische Physik und Geowissenschaften an der University of Cambridge. Anschließend promovierte er am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und war dort als Postdoc tätig. Derzeit arbeitet er als Marie Curie Postdoktorand in der Climate Variability and Change Group am Barcelona Supercomputing Centre.

Publikationen (Auswahl):

- R. Carr, M. Kotz, P. Pichler, H. Weisz, C. Belmin, L. Wenz. Climate change to exacerbate the burden of water collection on women’s welfare globally. Wenz. Nature Climate Change. (2024).

- M. Kotz, A. Levermann, L. Wenz. The economic commitment of climate change. Nature. (2024).

- M. Kotz, Friderike Kuik, Eliza Lis, Christiane Nickel. Global warming and heat extremes to exacerbate inflationary pressures. Nature Communications Earth & Environment. (2024).

Der Promotionspreis der Leibniz-Gemeinschaft:

Der Promotionspreis der Leibniz-Gemeinschaft wird jährlich für die besten Doktorarbeiten aus Leibniz-Instituten – im Jahr 2023 knapp 800 – in den Kategorien „Geistes- und Sozialwissenschaften“ und „Natur- und Technikwissenschaften“ vergeben. Die prämierten Arbeiten müssen sich neben einer herausragenden Bewertung durch eine fächerübergreifende Bedeutung, einen Anwendungsbezug und Publikation in Fachzeitschriften oder Präsentationen auf Fachkonferenzen auszeichnen. Er ist mit jeweils 5.000 Euro dotiert. Die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger trifft die elfköpfige Leibniz-Preisjury, die aus Personen des öffentlichen Lebens und leitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter dem Vorsitz von Leibniz-Präsidentin Martina Brockmeier besteht, aus den Vorschlägen der wissenschaftlichen Sektionen der Leibniz-Gemeinschaft.

weitere Pressefotos der Ausgezeichneten finden Sie unter

Pressekontakt für die Leibniz-Gemeinschaft

Christoph Herbort-von Loeper

Tel.: 030 / 20 60 49 - 471

Mobil: 0174 / 310 81 74

Die Leibniz-Gemeinschaft

Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 96 eigenständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftli¬che Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hoch-schulen u. a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unab¬hängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung för¬dern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 21.300 Personen, darunter 12.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das Finanzvolumen liegt bei gut 2,2 Milliarden Euro.