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DFG fördert zehn neue Forschungsgruppen, eine Klinische Forschungsgruppe und zwei Kolleg-Forschungsgruppen

Veröffentlicht am:25.03.2024
Veröffentlicht von:Magdalena Schaeffer
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Kategorie:Wissenschaftspolitik
Übersicht:

Themen reichen von angewandten Geisteswissenschaften bis hin zur Evolution früher Landwirbeltiere / Insgesamt rund 56 Millionen Euro für erste Förderperiode

Beschreibung:

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet zehn Forschungsgruppen, eine Klinische Forschungsgruppe und zwei Kolleg-Forschungsgruppen neu ein. Das hat der Hauptausschuss der DFG auf Empfehlung des Senats beschlossen. Die neuen Forschungsgruppen erhalten insgesamt rund 56 Millionen Euro inklusive einer Programmpauschale in Höhe von 22 Prozent für indirekte Projektausgaben. Zusätzlich zu den 13 Neueinrichtungen wurde die Verlängerung von fünf Forschungsgruppen und einer Klinischen Forschungsgruppe für eine weitere Förderperiode beschlossen. Zwei der neu eingerichteten Forschungsgruppen werden im Rahmen der D-A-CH-Zusammenarbeit gefördert, gemeinsam mit dem österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF).

Forschungsgruppen ermöglichen Wissenschaftler*innen, sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Sie werden bis zu acht Jahre lang gefördert. Im Ganzen fördert die DFG zurzeit 192 Forschungsgruppen, 13 Klinische Forschungsgruppen und 15 Kolleg-Forschungsgruppen. Klinische Forschungsgruppen sind zusätzlich durch die enge Verknüpfung von wissenschaftlicher und klinischer Arbeit charakterisiert, während Kolleg-Forschungsgruppen speziell auf geistes- und sozialwissenschaftliche Arbeitsformen zugeschnitten sind.

Die neuen Verbünde im Einzelnen

(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecher*innen):

Die Rolle, Aufgabe und das Selbstverständnis der Geisteswissenschaften in der Moderne und Gegenwart stehen im Mittelpunkt der Kolleg-Forschungsgruppe „Angewandte Geisteswissenschaften – Genealogie und Politik“. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zu einer global orientierten Geschichte der Geisteswissenschaften mit dem Fokus auf ihrer Anwendung beitragen. Damit wollen die Forscher*innen die bisherige Wissenschaftsgeschichte erweitern, die sich überwiegend mit den Naturwissenschaften befasst hat. So gehen sie der Frage nach, was angewandte Geisteswissenschaften waren, sind und sein können beziehungsweise sein sollen. Konkret möchte sich das Kolleg mit so unterschiedlichen Anwendungsfeldern wie der Provenienzforschung oder den Digital Humanities befassen. (Sprecherin: Professorin Dr. Viktoria Tkaczyk, HU Berlin)

In der Natur und auch im Labor ist es kaum möglich, vollständig von der Umgebung isolierte Quantensysteme zu untersuchen. Daher sind bei der Erforschung von Quantensystemen Effekte, die aus dem Austausch von Informationen, Energie und Teilchen mit der Umgebung resultieren, stets zu berücksichtigen. Die gemeinsam mit dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Forschungsgruppe „Getrieben-dissipative Vielteilchensysteme ultrakalter Atome“ befasst sich mit sogenannten getrieben-dissipativen Systemen, da diese zahlreiche Möglichkeiten bieten, Zustand und Eigenschaften eines an kontrollierte Umgebungen angebundenen Quantensystems gezielt zu beobachten. Diese wollen die Forscher*innen präzise beschreiben und weiter erforschen, um ein tieferes Verständnis solcher Vielteilchensysteme zu entwickeln. Dafür nutzen sie ultrakalte Atome, die sich unter anderem besonders gut manipulieren und messen lassen. (Sprecher: Professor Dr. André Eckardt, TU Berlin)

Immunzellen kommen überall im Körper vor, auch im Hoden und Nebenhoden. Es gibt Hinweise darauf, dass sie dort eine wichtige Rolle für deren Entwicklung im Fötusstadium, aber auch für ihre Funktion beim erwachsenen Mann spielen. Welche Rolle genau Immunzellen hierbei zukommt, ist jedoch genauso unzureichend verstanden wie bei der Entstehung von Störungen der männlichen Fortpflanzung und beim Hodenkrebs. Antworten auf diese Fragen zu finden, ist das Ziel der Forschungsgruppe „Die Rolle von Immunzellen in der Funktion des normalen und pathologisch veränderten Hoden und Nebenhoden (INFINITE)“. (Sprecher: Professor Dr. Andreas Meinhardt, Universität Gießen)

Im Zentrum der Klinischen Forschungsgruppe „Präzisionsmedizin bei Erkrankungen mit früh-manifester Reduktion der Knochenmineraldichte“ stehen Erkrankungen, bei denen betroffene Patient*innen bedingt durch eine niedrige Knochenmineraldichte bereits vor dem 50. Lebensjahr Knochenbrüche erleiden. Das führt zu einem hohen Leidensdruck und zu einer deutlich reduzierten Lebensqualität. Die Forscher*innen wollen daher die zellulären und molekularen Grundlagen dieser Erkrankungen untersuchen. Langfristig soll das dazu führen, eindeutige genetische oder nicht-genetische Ursachen der Erkrankungen identifizieren zu können und gezielte Behandlungsstrategien zu entwickeln. (Sprecher: Professor Dr. Michael Amling, Universität Hamburg; Leiter: Professor Dr. Ralf Oheim, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)

Die sogenannten myeloproliferativen Neoplasien (MPN) sind bösartige Erkrankungen des Knochenmarks, bei denen die Stammzellen mutieren, die für die Bildung der Blutzellen verantwortlich sind. Bislang gibt es keine Therapie, die das Fortschreiten dieser Erkrankungen verhindern kann, sodass nur die Möglichkeit der Stammzelltransplantation besteht – eine Behandlung, die für die Patient*innen sehr belastend ist. Um dies zu ändern, braucht es personalisierte Therapien, die das Fortschreiten der Erkrankung verhindern und schließlich die verbleibenden MPN-Zellen eliminieren können. Indem sie die molekularen Mechanismen dahinter untersucht, möchte die gemeinsam mit dem österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) geförderte Forschungsgruppe „TARGET-MPN: Zielgerichtetes Vorgehen gegen Krankheits-Persistenz und -Progression bei myeloproliferativen Neoplasien (MPN)“ hierzu beitragen. (Sprecher: Professor Dr. Florian Heidel, Medizinische Hochschule Hannover)

Im europäischen wie angloamerikanischen Raum hat sich im Laufe der Geschichte ein Wissenschaftsverständnis etabliert, dessen erkenntnistheoretische Standards, Methoden und Kanonbildungen einen exklusiven Charakter haben. Auch die Philosophie hat ein vor allem aus der westlichen Tradition geprägtes Selbstverständnis. Dieses aufzubrechen und eine umfassende vergleichende Auseinandersetzung mit Philosophietraditionen im transkulturellen Kontext zu betreiben, ist das Ziel der Kolleg-Forschungsgruppe „Philosophieren in einer globalisierten Welt – historische und systematische Perspektiven“. Sie will Philosophie aus globaler Perspektive vor dem Hintergrund bestehender regionaler Forschungsansätze neu konzipieren und die verschiedenen Diskurse zur Globalgeschichte der Philosophie ihrerseits in einen vergleichenden Untersuchungsrahmen stellen. (Sprecher: Professor Dr. Rolf Elberfeld, Stiftung Universität Hildesheim)

Wegen der zunehmenden Auswirkungen des globalen Wandels auf die weltweiten Ökosysteme sind Pflanzen vielfältigen Kombinationen von Stressfaktoren ausgesetzt. Dazu gehören zum einen biotische Faktoren wie Pilze und Schädlinge, zum anderen wirken sich abiotische Faktoren wie Hitze und Trockenheit auf Pflanzen aus. Die Forschungsgruppe „Physiologische und evolutionäre Anpassung von Pflanzen an zusammenwirkende abiotische und biotische Faktoren“ will ein genaueres Verständnis der Reaktionen von Pflanzen auf die verschiedenen Kombinationen von Stress erlangen. Neuartig ist hierbei der Ansatz, die Beobachtungen nicht nur auf Modellpflanzen zu stützen – also auf Pflanzen, die bereits umfassend untersucht wurden und somit als Modell für die Forschung dienen –, sondern auf Nutzpflanzen sowie auf Pflanzen im Süßwasser und in marinen Ökosystemen. Diese sollen zudem nicht nur im Labor und Gewächshaus erforscht werden, sondern auch in ihrer natürlich Umgebung. (Sprecherin: Professorin Dr. Eva Holtgrewe-Stukenbrock, Universität zu Kiel)

Wolken haben eine komplexe geometrische Natur. In früheren Forschungsarbeiten konnte ihr dreidimensionales Abbild deshalb nur sehr vereinfacht erfasst werden. Die Forschungsgruppe „Wolkenstruktur und Klima – Schließung der 3D-Lücke“ will nun mit einer umfassenden Kombination aus 3D-Modellierung und Beobachtung von Wolken und ihren Strahlungseffekten erstmals eine Korrektur von sich hieraus ergebenden Fehlern in der Klimamodellierung und der Wolkenfernerkundung erreichen. Damit will der Verbund auch einen Beitrag zur verlässlicheren Vorhersage des künftigen Klimas leisten. (Sprecher: Professor Dr. Andreas Macke, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e.V. (TROPOS), Leipzig)

Elastomere sind elastisch verformbare Kunststoffe, die nach einer Zug- oder Druckbelastung in ihre ursprüngliche Gestalt zurückfinden. Eine Unterart sind die magnetischen Elastomere, sie sind eine bislang vergleichsweise wenig erforschte Materialklasse. Die Forschungsgruppe „Vom Herstellungsprozess strukturierter magnetischer Elastomere zum makroskopischen Materialverhalten“ beschäftigt sich daher in einem umfassenden Ansatz mit der Herstellung der Materialien, ihren physikalischen Eigenschaften, der theoretischen Modellierung des Materials bis hin zur Erforschung des makroskopischen Verhaltens. (Sprecher: Professor Dr. Andreas Menzel, Universität Magdeburg)

Roboter helfen mittlerweile in vielen Bereichen, auch auf Baustellen. Ziel der Forschungsgruppe „Das Informationsrückgrat des robotisierten Bauens auf der Basis von mehrskalig verzahnten Produkt-Prozess-Modellierungsmethoden“ ist es, digitale Rahmenbedingungen für die Planung und Simulation von robotischen Baustellen zu entwickeln. So soll es langfristig möglich sein, unterschiedliche Arten von Robotern in der Interaktion mit menschlichen Facharbeiter*innen zu koordinieren, die unter schwer vorhersehbaren und sich ständig verändernden Baustellenbedingungen zusammenarbeiten. Neu am Forschungsansatz des Verbunds ist, dass er datengestützte Bauplanung mit robotischer Fertigung verbindet und die gesamte Prozesskette inklusive der Lieferketten untersucht. (Sprecher: Professor Dr.-Ing. André Borrmann, TU München)

In den oberen Bereichen der Erdatmosphäre zwischen Erdsystem und Weltraum spielen sich wichtige Prozesse wie etwa geomagnetisch hervorgerufene Ströme und Dichteschwankungen ab, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Aktivitäten des Menschen haben. Die Forschungsgruppe „Magnetosphäre, Ionosphäre, Plasmasphäre und Thermosphäre als gekoppeltes System (MIPT)“ will die bisher unzureichend erforschten Wechselwirkungen zwischen den oberen Schichten der Erdatmosphäre untersuchen. Ziel ist es, zu einem übergreifenden Verständnis der gekoppelten Prozesse zwischen diesen Sphären beizutragen, die bisher überwiegend getrennt voneinander erforscht wurden. (Sprecher: Professor Dr. Yuri Shprits, Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum, GFZ)

An der Forschungsgruppe „Kollaborationen: Assemblagen, Artikulationen, Allianzen“ sind Forscher*innen der Literatur- und Kulturwissenschaften, Sozial- und Kulturanthropologie und der Soziologie beteiligt. Sie schauen anlässlich globaler sozialer und politischer Ungleichheitsverhältnisse und planetarer Problemkonstellationen wie der Klimakrise auf die erkenntnistheoretischen Herausforderungen, die sich daraus ergeben. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist, dass es es neuartige alternative soziale, politische und akademische Praktiken braucht, um den komplexen Herausforderungen begegnen zu können. Sie wollen daher historische Allianzen und temporäre kollektive Zusammenschlüsse verschiedenster gesellschaftlicher und politischer Akteure neu interpretieren, um zu einem Verständnis dieser neuen Kollaborationen zu gelangen. Dabei möchte der Verbund die Dominanz eurozentrischer Wissensformationen und ihrer Praktiken überwinden. (Sprecher: Professor Dr. Dirk Wiemann, Universität Potsdam)

Ein zentraler Entwicklungsschritt in der Evolution war der Übergang von Lebewesen vom Wasser aufs Land. Die Forschungsgruppe „Die Evolution von Lebensgeschichten (Life Histories) bei frühen Landwirbeltieren“ erforscht die Biologie früher Landwirbeltiere. Dabei greift sie sowohl auf fossile Funde als auch auf das Wissen über heute lebende Spezies zurück. Ziel ist es, die Daten gemeinsam in einem umfassenden evolutionären Szenario zu beleuchten. Um die Lebensgeschichten der Tiere zu beschreiben und die sie antreibenden Faktoren zu rekonstruieren, untersuchen die beteiligten Wissenschaftler*innen unter anderem Aspekte wie Wachstum, Fortpflanzung, Fortbewegung und Nahrungsaufnahme. (Sprecher: Professor Dr. Rainer Schoch, Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart – Zentrum für Biodiversitätsforschung, Stuttgart)

Die für eine weitere Förderperiode verlängerten Verbünde

(in alphabetischer Reihenfolge der Hochschulen der Sprecher*innen und mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):

FOR „Diffusions-Chronometrie von magmatischen Systemen“ (Sprecher: Professor Dr. Sumit Chakraborty, Universität Bochum)

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/405665352

FOR „Affective and cognitive mechanisms of specific Internet-use disorders (ACSID)“ (Sprecher: Professor Dr. Matthias Brand, Universität Duisburg-Essen)

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/411232260

FOR „eROSITA-Studien zu Endstadien der Sterne (eRO-STEP)“ (Sprecherin: Professorin Dr. Manami Sasaki, Universität Erlangen-Nürnberg)

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/414059771

KFO „Charakterisierung und Targeting der Genomdynamik für eine Subtyp-spezifische Therapie des Pankreaskarzinoms“ (Sprecher: Professor Dr. Volker Ellenrieder, Universität Göttingen; Leiterin: Professorin Dr. Elisabeth Heßmann, Universitätsmedizin Göttingen)

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/426671079

FOR „Multipler Wettbewerb im Hochschulsystem: Internationalisierung und internationaler Vergleich“ (Sprecher: Professor Dr. Guido Bünstorf, Universität Kassel)

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/447967785

FOR „Das Mikrobiom als therapeutisches Target bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen“ (Sprecher: Professor Dr. Andre Franke, Universität zu Kiel)

https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/426660215

Weiterführende Informationen

Medienkontakt:

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel. +49 228 885-2109, presse@dfg.de

Ausführliche Informationen erteilen auch die Sprecher*innen der Verbünde.

Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle:

Julie Martin, Qualitäts- und Verfahrensmanagement, Tel. +49 228 885-2577, julie.martin@dfg.de

Zu den Forschungsgruppen der DFG:

www.dfg.de/for

www.dfg.de/kfo

www.dfg.de/kolleg_forschungsgruppen